Temperatursinn

Temperatursinn
Tem|pe|ra|tur|sinn 〈m. 1; unz.〉 Fähigkeit, Temperaturunterschiede wahrzunehmen; Sy Wärmesinn

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I
Temperatur|sinn,
 
Wärmesinn, Thẹrmo|rezeption, die Fähigkeit von Tieren und dem Menschen, mit besonderen Temperatursinnesorganen (Thermorezeptoren, Temperaturrezeptoren) Temperaturunterschiede wahrzunehmen. Es wird vermutet, dass alle Tiere Thermorezeptoren besitzen; jedoch sind diese nur in wenigen Fällen bekannt, ebenso wie die genauere Morphologie und Funktionsweise relativ unbekannt sind. In vielen Fällen handelt es sich bei den Thermorezeptoren um Sinnesnervenzellen, so z. B. die in der Haut liegenden Thermorezeptoren der Säugetiere oder die Infrarotrezeptoren verschiedener Reptilien. Außerdem können freie Nervenendigungen als Thermorezeptoren fungieren, z. B. in der sehr temperaturempfindlichen Zunge der Katzen sowie auf der Körperoberfläche von Fischen, Amphibien und Reptilien. Besonders empfindliche Temperatursinnesorgane sind die Grubenorgane der Grubenottern (sie reagieren bereits auf Temperaturunterschiede von 0,002 ºC) und diejenigen im Schnabel des zu den Großfußhühnern gehörenden Thermometerhuhns, das die Temperatur in seiner Brutanlage konstant auf 33 ± 0,5 ºC hält, obwohl die Außentemperatur von —8 ºC (Nacht) bis +44 ºC (Tag) schwanken kann. Bei Gliederfüßern befinden sich die Thermorezeptoren vermutlich bevorzugt an den Körperanhängen (z. B. Mundgliedmaßen, Antennen, Raife).
 
In der Haut und den Schleimhäuten von Nase, Mund und Rachen der Säugetiere (einschließlich des Menschen) gibt es zwei Arten von Thermorezeptoren, die in Form von Temperaturpunkten nachweisbar sind: Kältepunkte (Kaltrezeptoren) lösen bei Abkühlung eine Kälteempfindung aus, Wärmepunkte (Warmrezeptoren) bei Erwärmung eine Wärmeempfindung. Die maximale Empfindlichkeit besitzen die Kaltrezeptoren des Menschen bei Temperaturen um 25 ºC, die Warmrezeptoren bei etwa 43 ºC. Beim Menschen kommen Thermorezeptoren in erhöhter Dichte im Gesicht (v. a. Nasenspitze und Mund), an Händen und Füßen sowie in der Mund- und Nasenhöhle vor. Im Gesicht (v. a. an den Lippen) befinden sich besonders viele Kältepunkte (10-20 je cm2; an den Handinnenflächen nur 1-5 je cm2); Wärmepunkte sind im Allgemeinen seltener; beim Menschen sitzen sie besonders an den Augenlidern und am Ellbogen. Als Warmrezeptoren werden die Ruffini-Körperchen angesprochen, als Kaltrezeptoren die dicht unter der Epidermis liegenden Krause-Endkolben (stark aufgeknäuelte und verästelte Nervenendigungen, die von einer Bindegewebekapsel umgeben sind); sie sind beim Menschen v. a. im Bindegewebe und in den Schleimhäuten weit verbreitet. Als spezielle Strukturen der Wahrnehmung von Temperaturänderungen der Umwelt und der Vermittlung der Temperaturempfindung sind die in der Haut gelegenen Warm- und Kaltrezeptoren Messelemente im Regelkreis der Temperaturregulation. Neben diesen äußeren Thermorezeptoren deutet vieles auch auf die Existenz innerer Thermorezeptoren hin; elektrophysiologisch konnten Nervenzellen identifiziert werden, deren Aktivität sich bei Erwärmung erhöht (»Wärmeneurone«); die Existenz solcher wärmeempfindlicher Strukturen wurde bisher im Rückenmark, im Bereich des Hypothalamus, in der Muskulatur, den Lungen und im Abdominalbereich nachgewiesen.
 
Hier finden Sie in Überblicksartikeln weiterführende Informationen:
 
 
Tastwahrnehmungen und Temperaturwahrnehmungen
 
II
Temperatursinn
 
(Thermorezeption, Thermoperzeption): die Fähigkeit zur Wahrnehmung von Temperaturbereichen oder Temperaturunterschieden bei Wirbeltieren und beim Menschen durch Thermorezeptoren. Sie erfolgt durch die Kälterezeptoren (Kältepunkte, Krause-Endkolben) und die Wärmerezeptoren (Ruffini-Körperchen), die in der Haut liegen. Dabei gibt es für das Wohlbefinden bestimmte Temperaturbereiche; werden diese unter- oder überschritten und kann der Körper seine Temperatur nicht mehr allein regeln, werden Verhaltensweisen ausgelöst, die die körperliche Selbsthilfe unterstützen (z. B. Sichzusammenkauern, windgeschützte, warme Orte aufsuchen und Ähnliches).
 

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Tem|pe|ra|tur|sinn, der: Fähigkeit, Unterschiede od. Änderungen in der Temperatur der Umgebung wahrzunehmen.

Universal-Lexikon. 2012.

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